Immer häufiger verletzen mutmaßlich russische Drohnen den Luftraum von NATO-Mitgliedsstaaten. Das wirft eine zentrale völkerrechtliche Frage auf: Wann dürfen Staaten mit militärischen Mitteln reagieren – und ist es erlaubt, solche Drohnen abzuschießen?
Grundsätzlich gilt: Das Eindringen eines fremden Staatsluftfahrzeugs – ob bemannt oder unbemannt – ohne Zustimmung stellt einen klaren Verstoß gegen das Völkerrecht dar. Es greift in die territoriale Souveränität des betroffenen Staates ein und kann, je nach Situation, auch die Neutralität des Landes beeinträchtigen.
Ob ein solcher Überflug zugleich als völkerrechtswidrige Gewaltanwendung im Sinne der UN-Charta zu werten ist, hängt vom Einzelfall ab. Handelt es sich um eine bewaffnete Drohne, die mit Sprengstoff ausgerüstet ist und unmittelbar der Zerstörung dient, liegt die Einstufung als Waffe nahe. In einem solchen Fall kann bereits der Überflug selbst als Angriff interpretiert werden – was das Recht auf militärische Selbstverteidigung auslösen kann.
Ein Abschuss wäre dann völkerrechtlich zulässig, sofern die Reaktion verhältnismäßig ist. Je konkreter die Bedrohung, desto eher darf ein Staat militärische Maßnahmen ergreifen, um seine territoriale Integrität zu wahren.
In der Praxis gehen die Staaten damit unterschiedlich um. Polen etwa hat deutlich gemacht, keine russischen Drohnen über seinem Staatsgebiet zu dulden und diese notfalls abzuschießen. In Deutschland stellt sich dagegen vor allem die verfassungsrechtliche Frage, wer zur Verteidigung befugt ist – und das ist ausschließlich die Bundeswehr, nicht die Polizei.
Völkerrechtlich ist der Abschuss unbemannter Luftfahrzeuge grundsätzlich erlaubt, insbesondere wenn sie als Waffen einzustufen sind und ohne Genehmigung in fremden Luftraum eindringen. Da hier kein unmittelbares Menschenleben gefährdet wird, fällt die rechtliche Bewertung etwas anders aus als bei bemannten Flugzeugen. Dennoch bleibt die politische Brisanz bestehen: Jeder Abschuss birgt das Risiko einer militärischen Eskalation.